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Wege aus der Erschöpfung bei chronischer Endometriose
Viele Menschen mit Endometriose sind wahre Durchhalteprofis. Über Jahre hangeln sie sich von Arzttermin zu Arzttermin, durchstehen Operationen, Nebenwirkungen von Medikamenten und die ständige Suche nach Linderung. Aber irgendwann ist da dieser Punkt: Die Energie für noch eine Behandlung, noch einen Versuch fehlt. Statt Hoffnung ist da Müdigkeit. Statt Motivation – Erschöpfung.
Was passiert da eigentlich – und wie geht es weiter?
Wenn der Akku leer ist: Therapie-Fatigue bei Endometriose
In Fachkreisen wird dieser Zustand zunehmend unter dem Begriff Therapie-Fatigue beschrieben. Wörtlich übersetzt bedeutet das „Behandlungs-Müdigkeit“. Gemeint ist damit die körperliche und seelische Erschöpfung, die sich nach langer Krankheitsdauer und vielen medizinischen Maßnahmen einstellen kann.
Der Begriff stammt ursprünglich aus der Krebs- und HIV-Therapie, findet aber inzwischen auch bei anderen chronischen Erkrankungen Anwendung. Er beschreibt das Phänomen, dass Menschen irgendwann einfach nicht mehr können – oder nicht mehr wollen.
Nicht, weil sie „aufgeben“. Sondern weil ihr Körper und ihre Psyche eine Grenze erreicht haben.
Bei Endometriose ist Therapie-Fatigue besonders nachvollziehbar: Viele Betroffene haben einen langen Leidensweg hinter sich, bevor die Diagnose gestellt wird. Und selbst nach der Diagnose folgt oft kein klarer Weg, sondern ein ständiges Abwägen zwischen verschiedenen Behandlungsoptionen – mit ungewissem Ausgang.
Wenn man über Jahre hinweg immer wieder Hoffnung in eine neue Therapie setzt und dann doch keine spürbare Besserung eintritt, kann das sehr zermürbend sein.
Wichtig ist: Diese Erschöpfung ist kein persönliches Versagen. Sie ist eine normale, nachvollziehbare Reaktion auf eine chronische Belastung.
Was hilft, wenn nichts mehr geht?
Wer an dem Punkt ist, an dem der Gedanke an weitere Behandlungsschritte nur noch müde macht, braucht vor allem eines: eine Pause. Und die Erlaubnis, innezuhalten.
Hier ein paar Impulse, die dabei unterstützen können:
1. Die eigene Erschöpfung anerkennen
Es ist in Ordnung, müde zu sein. Niemand muss immer weiterkämpfen. Allein das bewusste Anerkennen des eigenen Zustands kann entlastend wirken – gerade in einer Gesellschaft, in der „Durchhalten“ oft als Ideal gilt.
2. Selbstfürsorge neu denken
Selbstfürsorge bedeutet nicht zwangsläufig Wellness oder „positives Denken“. Sie beginnt bei der ehrlichen Frage: Was brauche ich gerade?
Das kann Ruhe sein. Oder ein gutes Gespräch. Vielleicht hilft ein Spaziergang, ein Tagebuch, Musik, kreatives Arbeiten oder einfach Schlaf.
Es geht nicht um das große Ganze – sondern um das, was heute guttut.
3. Neue Perspektiven entwickeln
Manchmal hilft es, den Blick zu weiten: Muss es wirklich die eine Therapie sein, die alles verändert? Oder liegt der Fokus jetzt eher auf kleinen, alltagstauglichen Schritten zur Linderung?
Auch der Austausch mit anderen Betroffenen kann helfen, neue Wege zu entdecken – oder sich einfach verstanden zu fühlen.
4. Psychosoziale Unterstützung in Anspruch nehmen
Wenn die Erschöpfung überhandnimmt, kann es hilfreich sein, professionelle Begleitung in Anspruch zu nehmen. Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten mit Erfahrung in der Begleitung chronisch Erkrankter wissen, wie belastend ein langer Krankheitsverlauf sein kann – und wie man mit neuen Impulsen und kleinen Schritten wieder Stabilität finden kann.
Auch unsere spezialisierte Endometriose-Beratungsstelle ist eine wichtige Anlaufstelle – niedrigschwellig, verständnisvoll und ohne Erwartungshaltung.
Fazit: Das eigene Tempo zählt
Therapiemüde zu sein ist kein Zeichen von Schwäche – sondern ein ernstzunehmender Hinweis darauf, dass es Zeit ist, gut auf sich selbst zu achten. Vielleicht ist dieser Zustand nicht das Ende eines Weges, sondern der Anfang eines anderen Umgangs mit der Erkrankung.
Ein Umgang, der Raum lässt für Pausen. Für Zweifel. Für neue Perspektiven.
Niemand muss stark sein, um weiterzugehen. Man darf sich ausruhen. Man darf müde sein. Und man darf Schritt für Schritt wieder Hoffnung finden.
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