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Manchmal ist Reden keine Erleichterung mehr, sondern eine Last.
Gerade in den ersten Jahren nach der Diagnose – oder auf dem langen Weg dorthin – ist es für viele wichtig, über die Krankheit zu sprechen. Man möchte verstanden werden, aufklären, sich mitteilen. Doch mit der Zeit kommt bei vielen Betroffenen ein Punkt, an dem sie spüren: Ich kann es nicht mehr erzählen. Ich will nicht mehr erklären. Ich bin so viel mehr als diese Erkrankung.
Und das ist völlig in Ordnung.
Was sich verändert, wenn die Erkrankung zum Dauerbegleiter wird
Mit der Zeit verändert sich nicht nur der Alltag mit Endometriose, sondern auch die Kommunikation darüber. Viele Betroffene erleben:
- Sie sind müde, sich immer wieder rechtfertigen zu müssen – für Fehltage, für abgesagte Verabredungen, für bestimmte Entscheidungen.
- Das Umfeld erwartet womöglich, dass „es doch langsam mal besser sein müsste“, während die Krankheit weiterhin das Leben mitprägt.
- Beziehungen zu Familie, zur Partnerin oder zum Partner, zu Kolleginnen und Kollegen stehen unter Druck – weil Endometriose keine Phase ist, sondern oft bleibt.
Chronische Erschöpfung betrifft nicht nur den Körper – auch das Reden kann müde machen.
Der Wunsch nach Normalität: „Ich will nicht ständig erklären müssen“
Dieser Wunsch ist kein Zeichen von Schwäche, sondern Ausdruck von Selbstfürsorge. Es geht nicht darum, sich zurückzuziehen, sondern bewusst zu entscheiden, wann, mit wem und wie man über die Erkrankung spricht.
Vielleicht denkst du:
- Ich will einfach mal nur ich sein – ohne Etikett.
- Ich möchte mich nicht immer verletzlich zeigen müssen.
- Ich brauche auch Gespräche, in denen es nicht um Endometriose geht.
Wie kann ein gesunder Umgang mit diesem Kommunikationsdilemma aussehen?
Ein paar alltagstaugliche Impulse:
1. Eigene Kommunikationsgrenzen anerkennen – ohne schlechtes Gewissen
Es ist völlig in Ordnung, zu sagen:
- „Ich habe gerade keine Energie, über meine Erkrankung zu sprechen.“
- „Danke für dein Interesse – aber lass uns heute mal über etwas anderes reden.“
- „Es gibt nichts Neues, und das ist okay.“
Diese Sätze bedeuten keine Ablehnung, sondern sind ein Akt der Selbstfürsorge.
2. Kurze Standardantworten finden – für weniger Erklärungsdruck
Eine neutrale, kurze Antwort hilft, Gespräche höflich umzulenken:
- „Mal besser, mal schlechter – ich komme klar. Und bei dir so?“
- „Im Moment gibt es nichts Neues, danke fürs Nachfragen.“
So bleibt man offen im Kontakt, ohne sich auszuliefern.
3. Bewusst entscheiden, mit wem man was teilt
Nicht alle Menschen müssen alles wissen. Es ist völlig legitim, selektiv zu kommunizieren – je nachdem, wie nah die Beziehung ist und wie viel Energie man hat.
4. Einen Raum für Austausch schaffen – außerhalb von Familie oder Arbeit
Manchmal tut es gut, sich dort mitzuteilen, wo Verständnis von Anfang an da ist – zum Beispiel in einer Selbsthilfegruppe oder in einem Beratungsgespräch. Das nimmt den Druck, im Alltag immer alles erklären zu müssen.
5. Offen sagen, wenn Nachfragen gerade zu viel sind
Ein einfacher Satz wie
„Ich weiß, du meinst es gut – aber ich brauche gerade eine Pause von dem Thema“
kann helfen, Missverständnisse zu vermeiden und trotzdem die eigenen Grenzen zu wahren.
Fazit: Es ist okay, nicht immer reden zu wollen
Endometriose ist Teil deines Lebens, aber nicht deine ganze Geschichte. Wenn du spürst, dass du nicht mehr ständig darüber sprechen willst, heißt das nicht, dass du aufgegeben hast. Es bedeutet, dass du deinen Umgang mit der Krankheit weiterentwickelt hast – und dass du dich selbst schützt.
Denn manchmal ist es auch eine Form von Stärke, einfach mal nichts erklären zu müssen.
Tipp: In unseren Beratungsgesprächen und in Endometriose-Selbsthilfegruppen gibt es Raum für genau diese Fragen: Wie kann ich meine Grenzen besser kommunizieren? Wie gehe ich mit enttäuschten Reaktionen um? Wir hören zu – melde dich gern bei uns.