Endometriose: Zwischen Aufmerksamkeit und struktureller Unsichtbarkeit

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Ein Gastbeitrag von Laura Ledamun zum 5. Bundeskongress Gender-Gesundheit

Laura Ledamun - Bundeskongress Gendergesundheit

Am 5. Juni 2025 nahm ich – Laura Ledamun – für die Endometriose Vereinigung Deutschland am 5. Bundeskongress Gender-Gesundheit in Berlin teil. Der Kongress fand seit 2016 erstmals wieder statt und brachte Akteurinnen und Akteuren aus Wissenschaft, Politik und Versorgung zusammen. Im Zentrum standen Herausforderungen und Potenziale geschlechtersensibler Medizin – in Forschung, Ausbildung, Versorgung und gesellschaftlicher Debatte.

Dass der Kongress nach so langer Zeit erneut stattfand, ist ein wichtiges Signal – denn es hapert noch immer daran, dass geschlechtersensible Medizin nicht nur diskutiert, sondern auch konkret und flächendeckend umgesetzt wird.

Krankheiten wie Endometriose und Adenomyse profitieren ganz besonders von einem geschlechtersensiblen Ansatz – und doch war ihre konkrete Benennung auf dem Kongress selten.

Es wird doch schon so viel über Endometriose gesprochen.“ Ein Satz, den ich auf dem Kongress öfter gespiegelt bekam – und der symptomatisch ist für die Lücke zwischen öffentlicher Wahrnehmung und tatsächlicher Versorgungssituation für Betroffene.

Umso wichtiger war es für mich, als Vertreterin der EVD und ehrenamtlich Engagierte bei Endo.Politisch.Aktiv. (EPA) deutlich zu machen: Endometriose gehört unübersehbar auf die Agenda der Gendermedizin – nicht als Randthema, sondern als weitverbreitete chronische Erkrankung, die bis heute unterversorgt, unterforscht und vielfach unterschätzt ist.

Forschungslücken bleiben gravierend

In mehreren Vorträgen und Panels wurde deutlich: Geschlechtersensible Forschung ist auf dem Vormarsch – sie steht im Koalitionsvertrag, in Landesstrategien und in neuen Förderprogrammen, es fehlt jedoch nach wie vor an der praktischen Umsetzung. Auch bei Erkrankungen wie Endometriose oder Adenomyose klaffen noch immer große Lücken beim Wissensstand. Nach wie vor gibt es keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Entstehung von Endometriose und Adenomyse.

Das betrifft Grundlagenforschung ebenso wie klinische Studien, etwa zur Langzeitwirkung hormoneller Therapien, zu Fehlgeburten oder zur Rolle von Endometriose bei Fertilitätsproblemen. Auch psychische Belastungen und soziale Folgen sind kaum systematisch erforscht.

Einigkeit bestand auf dem Kongress darüber, dass Prävention eine zentrale Rolle spielt – besonders durch gezielte Aufklärung, bereits in der Schule und Ausbildung. Gerade auch bei Erkrankungen, die oft früh beginnen und lange unerkannt bleiben, wie Endometriose, ist das entscheidend.

Versorgung: strukturelle Hürden trotz Bedarf

Auch in der Versorgung sind die Herausforderungen offenkundig. Ein Beispiel, das mehrfach zur Sprache kam: Gynäkologinnen und Gynäkologen können Aufklärungsgespräche zu Endometriose nicht abrechnen. Das ist besonders problematisch bei einer Erkrankung, bei der die Diagnose im Schnitt 7,5 Jahre dauert. Ich bin davon überzeugt, dass diese Diagnosezeiträume deutlich verkürzt werden könnten, wenn sich Ärztinnen und Ärzte mehr Zeit bei der Beratung nehmen könnten. Solche strukturellen Defizite wirken sich direkt auf Betroffene aus – auf ihre Gesundheit, Arbeitsfähigkeit, Lebensqualität.

Sichtbarkeit reicht nicht – es braucht eine nationale Strategie

In persönlichen Gesprächen mit Vertreterinnen und Vertretern aus Ministerien, Wissenschaft und Krankenkassen konnte ich unsere zentralen Forderungen einbringen – insbesondere die nach einer nationalen Endometriose-Strategie, wie sie die Endometriose Vereinigung jüngst vorgeschlagen hat.

Im Austausch mit Dr. Ute Teichert vom Bundesministerium für Gesundheit wurde deutlich: Endometriose ist im Rahmen der Evaluation des Koalitionsvertrags „mitgedacht“ – doch zur konkreten Umsetzung ist es noch ein weiter Weg. Der politische Wille allein reicht nicht. Es braucht strukturelle Schritte, gezielte Mittel, Datenzugang und nicht zuletzt: die Stimme der Betroffenen.

Mein Fazit

Endometriose muss sichtbar bleiben – und mehr noch: endlich strukturell verankert werden. In der Forschung. In der Ausbildung. In der Versorgung.

Der Bundeskongress hat mir erneut gezeigt, wie groß das Potenzial ist – und wie dringend der Handlungsbedarf. Als Endometriose Vereinigung werden wir uns weiter dafür einsetzen: laut, sachlich und vernetzt.