Adenomyose – eine unterschätzte Erkrankung der Gebärmutter

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Adenomyose – ein Begriff, der vielen erst einmal wenig sagt. Dabei handelt es sich um eine chronische Erkrankung, die mit starken Schmerzen, Blutungsstörungen und teils unerfülltem Kinderwunsch einhergehen kann. In der Öffentlichkeit ist sie bisher kaum präsent – und auch in der medizinischen Praxis wird sie oft spät oder gar nicht erkannt.

Dabei kann Adenomyose für Betroffene eine erhebliche körperliche und psychische Belastung darstellen. In diesem Beitrag erklären wir, was Adenomyose ist, welche Symptome auftreten können, wie die Erkrankung diagnostiziert und behandelt wird – und warum Aufklärung dringend notwendig ist.

Was ist Adenomyose?

Bei Adenomyose wächst gebärmutterschleimhautähnliches Gewebe in die Muskelschicht der Gebärmutterwand ein. Dieses Gewebe kann wie das Endometrium auf hormonelle Reize reagieren und zyklisch Beschwerden auslösen. Anders als bei der Endometriose bleibt das Gewebe jedoch innerhalb der Gebärmutter – verlagert sich aber von der Schleimhaut in die darunterliegende Muskulatur.

Typische Beschwerden sind:

  • starke, krampfartige Schmerzen vor und während der Monatsblutung
  • sehr starke oder verlängerte Blutungen
  • chronische Beckenschmerzen
  • ein Druck- oder Schweregefühl im Unterbauch
  • Erschöpfung, Fatigue
  • manchmal auch unerfüllter Kinderwunsch

Die Symptome können individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt sein – manche Betroffene haben keine Beschwerden, andere sind stark eingeschränkt.

Wie häufig ist Adenomyose? – Zur Prävalenz

Die Häufigkeit der Adenomyose wird in der wissenschaftlichen Literatur sehr unterschiedlich angegeben – je nach Untersuchungsmethode, Studiendesign und Altersgruppe. Die Prävalenz liegt Schätzungen zufolge zwischen 5 % und 70 % bei Personen mit Gebärmutter (Chapron et al., 2020). Besonders häufig tritt Adenomyose bei Personen mit bereits diagnostizierter Endometriose oder bei starker Regelbeschwerden auf.

Diese große Spannbreite zeigt, wie schwierig eine verlässliche Erhebung ist – und wie groß die Dunkelziffer sein dürfte. Viele Fälle bleiben unentdeckt oder werden mit anderen Ursachen (z. B. Myomen) verwechselt.

Wie entsteht Adenomyose? – Mögliche Ursachen (Pathogenese)

Die genauen Ursachen der Adenomyose sind noch nicht abschließend geklärt. Vermutet werden mehrere Einflussfaktoren:

  • Chronische Entzündungsprozesse, die das Gewebe in der Gebärmutterwand verändern
  • Störungen der hormonellen Regulation, insbesondere ein Überschuss an Östrogen (Hyperöstrogenismus)
  • Mechanische Einflüsse, etwa durch Operationen an der Gebärmutter, Kaiserschnitt oder Ausschabungen
  • Veränderungen an der Grenze zwischen Schleimhaut und Muskelschicht, die eine Einwanderung von Drüsengewebe begünstigen können

Adenomyose kann entweder als diffuse Form (großflächig in der Gebärmutterwand verteilt) oder als fokale Form (ähnlich einem Knoten, z. B. Adenomyom) auftreten.

Unterschied zur Endometriose

Adenomyose und Endometriose sind verwandte, aber unterschiedliche Erkrankungen:

  • Adenomyose: Gewebe dringt in die Muskelschicht innerhalb der Gebärmutter ein
  • Endometriose: Gewebe siedelt sich außerhalb der Gebärmutter an – etwa an Eierstöcken, Darm oder Bauchfell

Beide Erkrankungen können isoliert oder gemeinsam auftreten. Bei einer bestehenden Endometriose sollte daher auch an eine mögliche Adenomyose gedacht werden – besonders bei starken Blutungen oder therapieresistenten Schmerzen.

Wie wird Adenomyose diagnostiziert?

Eine sichere Diagnose ist nicht immer leicht. Dennoch gibt es mittlerweile gute Möglichkeiten, Adenomyose nicht-invasiv zu erkennen:

  • Transvaginaler Ultraschall (TVUS): häufig erste bildgebende Methode, besonders aussagekräftig bei erfahrenem Fachpersonal
  • Magnetresonanztomografie (MRT): hilfreich bei unklaren Befunden, Kinderwunsch oder OP-Planung
  • Gynäkologische Tastuntersuchung: kann Hinweise wie eine vergrößerte, schmerzempfindliche Gebärmutter liefern

Wichtig ist, dass Beschwerden ernst genommen werden und bei Verdacht gezielt untersucht wird – auch wenn die bildgebende Diagnostik nicht immer eindeutig ist.

Behandlungsmöglichkeiten

Die Therapie richtet sich nach den individuellen Beschwerden, dem Alter, eventuellem Kinderwunsch und dem Ausmaß der Erkrankung. Mögliche Optionen sind:

  • Hormonelle Therapien: z. B. Gestagene, kombinierte Hormonpräparate, GnRH-Analoga oder hormonhaltige Spiralen
  • Schmerztherapie und begleitende Verfahren wie Physiotherapie, TCM oder Psychotherapie
  • Operative Verfahren:
    • bei fokaler Adenomyose: operative Entfernung der betroffenen Bereiche
    • bei schweren Verläufen: Gebärmutterentfernung als letzter Schritt
  • Radiologische Verfahren:
    • Uterusarterienembolisation (UAE): Verödung der Blutversorgung der betroffenen Areale
    • MRgFUS (Magnetresonanz-gesteuerter fokussierter Ultraschall): gezielte thermische Zerstörung von Adenomyose-Herden, nicht-invasiv und uterus-erhaltend

Die Wahl der Therapie sollte immer individuell getroffen werden – idealerweise in einem interdisziplinären Team und unter Einbeziehung der persönlichen Lebenssituation.

Psychosoziale Auswirkungen

Die oft jahrelangen Beschwerden ohne klare Diagnose, der Umgang mit chronischen Schmerzen und die Beeinträchtigung im Alltag können psychisch sehr belastend sein. Viele Betroffene erleben Frustration, Isolation oder das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden.

Auch die Auswirkungen auf Sexualität, Partnerschaft, Familienplanung oder berufliche Teilhabe sollten nicht unterschätzt werden. Umso wichtiger ist ein ganzheitlicher Blick auf die Erkrankung – medizinisch, sozial und emotional.

Warum Aufklärung so wichtig ist

Adenomyose betrifft viele – aber kaum jemand kennt sie. Die Erkrankung wird in der Öffentlichkeit selten thematisiert, in medizinischen Leitlinien oft nur knapp behandelt und in der Praxis manchmal übersehen. Das führt zu langen Diagnosezeiten, unzureichender Versorgung und vermeidbarem Leid.

Aufklärung ist daher entscheidend – für Betroffene, Fachpersonen und die Gesellschaft. Nur wer die Erkrankung kennt, kann gezielt untersuchen, angemessen behandeln und Verständnis aufbringen.

Die Endometriose-Vereinigung Deutschland setzt sich dafür ein, Adenomyose sichtbarer zu machen, den Austausch zu fördern und Betroffene auf ihrem Weg zu begleiten.

Unterstützung und Austausch

Bei Verdacht auf Adenomyose oder bereits bestehender Diagnose können Beratung und Austausch mit anderen helfen. Wir bieten Informationen, Beratungsgespräche und Selbsthilfeangebote:

Zur Beratung

Mehr zur Selbsthilfe

Quellen:

  • Chapron, C. et al. (2020). Adenomyosis and infertility. Reproductive BioMedicine Online, 40(3), 369–379.
  • García-Solares, J. et al. (2018). Adenomyosis and Endometriosis: Re-visiting Their Association and Further Understanding the Pathogenesis of Both.
  • Dueholm, M. (2017). Transvaginal ultrasound for diagnosis of adenomyosis: A review. Best Practice & Research Clinical Obstetrics & Gynaecology, 40, 41–55.
  • Vannuccini, S. et al. (2017). Pathogenesis of adenomyosis: an update on molecular mechanisms. Reproductive BioMedicine Online, 35(5), 592–601.
  • Tellum, T. et al. (2021). Imaging diagnosis and treatment options for adenomyosis. Best Practice & Research Clinical Obstetrics & Gynaecology, 74, 125–139.