Melanies Geschichte

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Ich bin Melanie.

Endometriose habe ich schon sehr lange, vermutlich seit der Pubertät. Ich bekam bereits mit 10 meine 1. Regel. Ich bin damit aufgewachsen, dass es normal ist, dass die Menstruation schmerzhaft ist. Meine Oma und Mutter hatten auch immer Probleme und ihnen wurde auch beiden mit Mitte 40 die Gebärmutter entfernt.

Dann kam das übliche: viele Untersuchungen bei verschiedenen Gynäkolog*innen, alles ohne Befund. Als ich 25 Jahre war, habe ich meine Meisterprüfung bestanden (Hörgeräteakustik), mit 26 habe ich geheiratet, mit 29 bekam ich Darmblutungen. Ich habe die Darmblutungen zuerst nicht ganz ernst genommen, da sie zyklisch mit meiner Menstruation auftraten (also 3 Wochen nichts, dann paar Tage Blut und wieder nichts, …) und ich dachte, dass ich das Blut „verschmiere“.

Als es dann immer schlimmer wurde, war ich doch beim Arzt, dann kam die 1. Darmspiegelung und dann am 26.01.2004 fing mein Albtraum an, mit der Diagnose fortgeschrittener Darmkrebs. 2 Tage nach der Darmspiegelung kam ich ins Krankenhaus, wieder 2 Tage später am 30.01.2004 wurde ich in einer reinen proktologischen Klinik operiert: Großer Bauchschnitt, künstlicher Darmausgang, mehrere Tage Intensivstation.

Die Ärzte hatten in meinem Bauch eine Situation vorgefunden, die sie nicht kannten und der sie mit ihren Skalpells zu Leibe gerückt sind. Der „Tumor“ samt 35 cm Dickdarm, 30 Lymphknoten und massive Verwachsungen und weitere kleinere „Tumore“ wurden entfernt und mir ein künstlicher Ausgang verpasst. 1 Woche nach der OP stand dann fest, dass es Endometriose war. Die Diagnose erhielt ich nicht von den operierenden Ärzten, sondern von einer Dame aus der Pathologie, die mir das so im Vorbeigehen mitteilte. Dann hat man mich mit der Diagnose alleine gelassen und ich habe die Ärzte kaum noch gesehen. Es gab dann noch einige Komplikationen wie eine wieder aufgeplatzte Bauchnaht, Blasenentleerungsstörung, Milchfluss, … damit ließ man mich auch relativ alleine.

Gut 4 Monate später wurde das Stoma wieder rückverlegt. Ich war damals der Annahme, dass dann danach alles wieder gut sei und ich mein Leben von vorher wieder aufnehmen könne. Das war falsch. Seitdem nehme ich permanent Hormone und habe mich von meinem Kinderwunsch verabschiedet.

Im Laufe der Jahre folgten weitere Endo-Sanierungs-OP, Gespräche mit Gynäkologen, Rehas, chronische Schmerzen, Depressionen, … 2020 wurden mir die Gebärmutter, die Eileiter und der linke Eierstock entfernt. 2022 sollte der 2. Eierstock wegen dauernder Zystenbildung auch entfernt werden. Die Zyste war mittlerweile 15 cm groß und das ganze Gebilde ist in die Beckenwand eingewachsen. Da die OP so schwierig war, wegen der massiven Verwachsungen, wurde ein Stück Eierstock übersehen. Dieses Stückchen Eierstock bildet nun wieder Zysten und macht mir Probleme wie vorher, nur will keiner mehr an den Bauch ran.

Ich bin seit etlichen Jahren blasen- und darminkontinent, habe dauernde Darmprobleme, vermehrt Allergien, dauernde Entzündungen (Haut, Nase, Bronchien). Seit 2010 leide ich (offiziell) an Depressionen, seit 2019 offiziell an schweren Depressionen mit Selbstmordgedanken.

Seit 2020 bekomme ich eine halbe Erwerbsminderungsrente, ich habe versucht, halbtags zu arbeiten, aber auch das geht über meine Kräfte und dieses Jahr im Februar habe ich einen Antrag auf volle Erwerbsminderungsrente gestellt, welcher (natürlich) von der Rentenversicherung abgelehnt wurde. Ich befinde mich derzeit im Widerspruchsverfahren und kämpfe mit den Tücken der Bürokratie der Rentenversicherung und der Krankenkassen. Mittlerweile gehe ich sehr offen mit meinen Erkrankungen um, da mir das Verheimlichen etc. auch so viel Kraft raubt.

Ich habe einen ganz tollen Ehemann, der mein Halt und meine Stütze ist. Und ohne ihn gäbe es mich sehr wahrscheinlich nicht mehr. Die Endometriose-Vereinigung Deutschland hat mir schon einige Male gut mit Rat geholfen und mich mit fundiertem Wissen über Endometriose versorgt. Denn für mich bedeutet „Wissen ist Macht“. Und das Wissen über die Erkrankung hilft mir zumindest einige Vorgänge in meinem Körper zu verstehen.

Von 2004 bis 2007 war ich auch in verschiedenen SHGs. Aber ich gehe nicht mehr zu Veranstaltungen bei denen ich andere Endometriose-Betroffene treffe, da mich die meisten Geschichten so aufregen und ich so wütend werde, über die immer noch so große Unwissenheit und besonders Empathielosigkeit bei Gynäkologen und anderen Ärzten. Und das führt bei mir dann wieder zu schlimmen depressiven Episoden.